Lebensmittelangaben richtig zu verstehen, kann knifflig sein.
Da Verbraucher:innen gesundheitsbewusster geworden sind, versuchen einige Lebensmittelhersteller mit irreführenden Tricks die Menschen zum Kauf ihrer stark verarbeiteten, ungesunden Produkte zu bewegen.
Die Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung halten viele Schlupflöcher bereit und ermöglichen es der Industrie, negative Eigenschaften und bedenkliche Zutaten zu verschleiern, zu verstecken und darüber hinaus noch als gesund darzustellen.
Kennzeichnungspflichten sind meist relativ einfach zu umgehen oder anders gesagt zu eigenen Gunsten praktisch modellierbar. Letztlich schützen sie die Industrie, nicht die Verbraucher:innen.
Dieser Artikel erklärt, wie du Lebensmitteletiketten und -zutatenlisten richtig verstehst und die Tricksereien der Industrie durchschaust, um zwischen falsch gekennzeichneten, gesund getarnten Junkfood und wirklich gesunden Lebensmitteln zu unterscheiden.
Nicht von den Werbeaussagen auf der Vorderseite täuschen lassen
Der wahrscheinlich beste Tipp ist es, die Angaben auf der Vorderseite der Verpackung komplett zu ignorieren. Denn Frontetiketten versuchen dich mit übertriebenen gesundheitsbezogenen Angaben zum Kauf zu verleiten.
Tatsächlich, so zeigen auch Untersuchungen, führen Gesundheitsversprechen auf der Vorderseite einer Produktverpackung dazu, dass Konsument:innen glauben dieses Produkt sei gesünder als ein identisches Produkt (ohne Werbung zum Gesundheitswert) und beeinflussen damit die Kaufentscheidung.
Nicht selten sind die Gesundheitsversprechen irreführend, überzogen und in einigen Fällen sogar völlig falsch.
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Häufig getrickst
Die Verbraucherzentrale berichtet, es werde noch immer häufig getrickst.
In einem Marktcheck 2014 wurden die Aussagen von 46 Produkten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.
40 % von 46 untersuchten Lebensmitteln wiesen sogar Gesundheitsversprechen (Health Claims) auf, die nach Vorgaben der EU-Kommission nicht zulässig sind. Darunter fanden sich auch Lebensmittel für Kinder wie beispielsweise Frühstückscerealien.
Hier ist Skepsis angebracht. Auch wenn das Etikett ein gesundes, vollkornhaltiges Frühstück suggeriert, ist der Inhalt vor allem extrem zuckerhaltig und alles andere als gesund.
An diesem Beispiel wird ansatzweise deutlich, wie weit die Täuschung geht und dass die Zulässigkeitsgrenzen auch oft überschritten werden.
Verbraucher:innen haben fast keine Chance die Tricksereien der Lebensmittelindustrie zu erkennen. Das macht es umso schwerer, sich für gesunde Optionen zu entscheiden, ohne die Zutatenliste genau zu prüfen und außerdem gewisse zusätzliche Kenntnisse zu haben.
Frontetiketten dienen dazu, Menschen zum Kauf von Produkten zu verleiten. Einige dieser Claims oder versprochenen Effekte sind jedoch höchst irreführend, übertrieben oder falsch.
Die Zutatenliste studieren
Die Inhaltsstoffe eines Produktes werden nach Menge aufgelistet — von der höchsten zur niedrigsten Menge. Das bedeutet, dass von der ersten Zutat am meisten enthalten ist.
Sind die erstgenannten Zutaten raffiniertes Getreide, eine Art von Zucker oder gehärtete/teilgehärtete Fette, ist klar, dass das Produkt extrem ungesund ist.
Stehen zuerst Vollwertkost oder natürliche Zutaten, ist das ein gutes Zeichen und spricht für das Nahrungsmittel.
Eine Zutatenliste, die länger als zwei Zeilen ist oder eine Liste mit mehr als fünf Zutaten, deutet auf ein stark verarbeitetes Produkt hin.
Zutaten werden nach Menge aufgelistet, vom höchsten zum niedrigsten Wert. Vorsicht bei Lebensmitteln mit langen Zutatenlisten.
Auf die Portionsgrößen achten
Nährwertkennzeichnungen geben an, wie viele Kalorien und Nährstoffe in einer Standardmenge (empfohlene Einzelportion) enthalten sind.
Diese Portionsgrößen sind jedoch häufig viel kleiner als das, was eine Person üblicherweise allein zu sich nimmt.
Eine Portion kann zum Beispiel eine halbe Dose Limonade, ein Viertel eines Kekses, ein halber Schokoriegel oder ein einzelner Keks sein.
Auf diese Weise versuchen die Hersteller, den Konsument:innen vorzugaukeln, dass das Lebensmittel weniger Kalorien und weniger Zucker enthält, da die Angaben pro Miniportion natürlich kleiner ausfallen.
Viele sind sich dieses Portionsgrößenschemas nicht bewusst und nehmen an, dass der gesamte Behälter bzw. die Gesamtmenge eine einzige Portion ist, obwohl das Produkt tatsächlich aus zwei, drei oder mehr Einzelportionen bestehen kann.
Wenn man sich die Nährwerte ansieht und wissen will, wie viel Zucker zum Beispiel im Fertigjoghurt enthalten ist, muss man die angegebenen Werte mit der Gesamtmenge multiplizieren.
Danach wird schnell deutlich, dass zum Beispiel ein Kindermüsliriegel ohne Zuckerzusatz mit 37 Gramm Zucker pro 100 Gramm in Wahrheit eine Zuckerbombe ist. Auch wenn auf dem Etikett »ohne Zuckerzusatz« steht.
Die auf den Verpackungen angegebenen Portionsgrößen können irreführend und unrealistisch sein. Hersteller geben oft eine viel kleinere Menge an, als die meisten Menschen auf einmal verzehren oder einer normalen Portion entsprechen würde.
Die irreführendsten Angaben
Gesundheitsbotschaften auf verpackten Lebensmitteln sollen deine Aufmerksamkeit erregen und dir vortäuschen, dass das Produkt gesund ist.
Hier sind einige solcher Angaben und was sie wirklich bedeuten.
Light
Light-Produkte werden hergestellt, um entweder Kalorien oder Fett zu reduzieren. Manche Produkte sind einfach verwässert.
Prüfe genau, ob stattdessen etwas hinzugefügt wurde, meistens ist das Zucker.
Mehrkorn
Das klingt sehr gesund, bedeutet aber nur, dass ein Produkt mehr als eine Getreidesorte enthält. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um raffinierte Körner.
Natürlich
Natürlich bedeutet nicht unbedingt, dass das Produkt etwas Natürliches ist. Es sagt lediglich, dass der Hersteller zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer natürlichen Quelle wie beispielsweise Äpfeln gearbeitet hat.
Bio
Diese Kennzeichnung sagt nicht direkt aus, ob ein Produkt gesund ist. Zum Beispiel ist Bio-Zucker immer noch Zucker. Manchmal ist Bio auch einfach nur ein Teil des Produktnamens, hat mit biologischer Herstellung aber nicht zwangsläufig zu tun. Hier bitte genau hinsehen.
Echte Bioprodukte kannst du an bestimmten Siegeln erkennen.
Ohne Zuckerzusatz
Einige Produkte enthalten von Natur aus viel Zucker. Die Tatsache, dass sie keinen Zuckerzusatz haben, bedeutet nicht, dass sie keine Süßungsmittel enthalten oder gesund sind. Es könnten auch Zuckerersatzstoffe zugesetzt worden sein. Die Kennzeichnung ist dennoch erlaubt.
Ohne Zuckerzusatz bedeutet ebenso nicht, dass generell wenig oder kein Zucker enthalten ist. Das Produkt kann auch mit dem Claim ohne Zuckerzusatz eine Zuckerbombe sein.
Kalorienarm
Kalorienarme Produkte müssen ein Drittel weniger Kalorien haben als das Originalprodukt oder die nicht kalorienreduzierte Version der Marke bzw. des Herstellers.
Die kalorienarme Variante kann dennoch sehr viel Kalorien enthalten. So lange einfach weniger Kalorien als in der Vergleichsversion enthalten sind, darf ein Produkt als kalorienarm bezeichnet werden.
Ob sich hinter kalorienarm nun wirklich sehr viele Kalorien oder doch weniger Kalorien verstecken, legt letztlich der Hersteller selbst fest — nicht die Realität.
Fettarm
Die Kennzeichnung fettarm bedeutet in der Regel, dass der Fettgehalt auf Kosten von mehr Zucker reduziert wurde. Hier bitte sehr vorsichtig sein und genau in die Zutatenliste sehen.
Fettarme Industrieprodukte sind Zusatzstoff-beladene Kohlenhydratbomben. Wo fettarm drauf steht, ist extrem ungesund drin!
Kohlenhydratarm
Eine kohlenhydratarme Ernährung kann die Gesundheit deutlich verbessern. Dennoch handelt es sich bei Produkten, die als kohlenhydratarm gekennzeichnet sind, in der Regel immer noch um industriell stark verarbeitete Lebensmittel.
Kohlenhydratreduzierte, industrielle Produkte sind nicht zu empfehlen, ganz im Gegensatz zu einer natürlichen, kohlenhydratarmen Ernährungsweise.
Mit Vollkorn hergestellt
Mit Vollkorn hergestellt bedeutet nicht, dass es sich um ein Vollkorn-Erzeugnis handelt. Das Produkt enthält möglicherweise nur sehr wenig Vollkorngetreide.
Steht Vollkorn in der Zutatenliste nicht an den ersten drei Stellen, ist der Anteil vernachlässigbar und das Produkt eine Mogelpackung.
Angereichert mit
Angereichert mit heißt, dass dem Produkt einige Nährstoffe zugesetzt wurden. Doch nur weil etwas zugesetzt wurde, ist es noch lange nicht gesund.
Oft werden zum Beispiel Vitamine in synthetischer Form zugesetzt. Von Produkten, die mit synthetischen Vitalstoffen angereichert sind, rate ich unbedingt ab.
Glutenfrei
Glutenfrei ist nicht gleichbedeutend mit gesund. Das Produkt enthält einfach kein glutenhaltiges Getreide, kann aber dennoch stark verarbeitet und mit ungesunden Fetten und Zucker versetzt sein.
Mit der natürlichen Süße aus Früchten
Dahinter versteckt sich isolierte Fruktose in Form von High Fructose Corn Syrup, auch Fruktose-Glukose-Sirup oder Maissirup genannt.
So hört sich isolierte Fruktose ungefährlich und natürlich an, was letztlich Irreführung ist. Denn unbedenklich ist Fruktose auf gar keinen Fall. Sie belastet die Leber und führt zur Fettbildung im Bauchraum und an den Organen.
Mit Fruchtgeschmack
Viele verarbeitete Lebensmittel haben einen Namen, der sich auf einen natürlichen Geschmack bezieht, wie zum Beispiel Erdbeerjoghurt.
Da liegt die Annahme nahe, dass vielleicht Erdbeeren im Erdbeerjoghurt enthalten sein könnten. Höchstwahrscheinlich sind jedoch gar keine Früchte enthalten, sondern nur Zusätze und Aromen, die den Geschmack von echten Früchten vortäuschen. Das nämlich steht wirklich hinter der Angabe von Fruchtgeschmack.
Fazit
Weit mehr als die Hälfte aller Gesundheitsversprechen oder Werbeclaims auf industriellen Lebensmitteln sind irreführend, übertrieben oder vollständig unwahr.
Nur weil ein Etikett bestimmte Behauptungen aufstellt und einen besonderen gesundheitlichen Nutzen verspricht, ist das noch lange keine Garantie für ein gutes Lebensmittel.
Der beste Weg, sich nicht von Produktetiketten in die Irre führen zu lassen, ist es, verarbeitete Lebensmittel ganz zu meiden. Schließlich braucht vollwertige Nahrung keine Zutatenliste.
Entscheidest du dich aber mal für den Kauf von verpackten Lebensmitteln, helfen dir die Tipps aus diesem Artikel dabei den Müll von den höherwertigen Produkten zu trennen.
Für deine Gesundheit 🍀🥥🥒❤️
Kate
Campos, S., Doxey, J., & Hammond, D. (2011). Nutrition labels on pre-packaged foods: a systematic review. Public Health Nutrition, 14(8), 1496–1506.
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Abgerufen 28. August 2021, von Vzbv.de website: https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/Lebensmittel-mit-Gesundheitsversprechungen-Bericht-Kurzfassung-Verbraucherzentralen-Dezember-2014.pdf